Dienstag, 2. Februar 2010

Eins zu Null im Kindle-Krieg: Macmillan setzt höhere E-Book-Preise durch

Eins zu Null im Preiskampf der Verlage gegen Amazon: mit Macmillan hat sich erstmals ein Großer der Branche erfolgreich gegen die Low-Price-Politik im Kindle-Store durchgesetzt. Amazon hatte zunächst die Titel aus dem Katalog genommen, nach kurzer Zeit jedoch klein beigegeben. Die Leser müssen nun beim Kauf von E-Books deutlich draufzahlen: Bücher wie Elie Wiesel’s “Night” oder Michael Cunningham’s “The Hours” gibt es jetzt zwischen 13 und 15 Dollar.

Eins zu null für die Verlage: Gatekeeper Amazon hat ein deutliches Eigentor kassiert

Längst ist Amazon im Online-Buchhandel zu einem “Gatekeeper” geworden - und nutzte seine Marktmacht dazu aus, möglichst niedrige E-Book-Preise festzusetzen. Das Motiv ist klar: viele günstige Angebote sind das beste Argument, sich einen Kindle-Reader anzuschaffen. Die Strategie war erfolgreich: mittlerweile soll Jeff Bezos mehr als 3 Millionen der elektronischen Lesegeräte verkauft haben. Doch mit der rigiden Preispolitik hat der Torhüter sich nun ein Eigentor eingefangen: Macmillan hat in einem kurzen, aber heftigen Preiskampf die Schallmauer von 9,99 Dollar durchbrochen. Die neue Preispolitik von Macmillan-Chef John Sargent sieht vor, Neuerscheinungen zwar ab März parallel als Printfassung und E-Books herauszubringen - doch zu Preisen zwischen 12,99 und 14,99 Dollar.

Apple bietet mehr: im neuen iBooks-Store kosten E-Books zwischen 13 und 15 Dollar

Die Forderung nach höheren Preisen kam nicht zufällig am letzten Donnerstag auf den Tisch, einen Tag nach der Präsentation von Apples neuem Tablet namens iPad. Zeitgleich wurde ein Content-Deal für Apples neuen iBooks-Store bekanntgegeben - zu den ersten Kooperationspartnern gehört neben vier weiteren Branchenriesen auch Macmillan. Bei der Preisgestaltung ist Apple den Verlagen deutlich entgegengekommen - Neuerscheinungen gibt es bei iBooks für 13 bis 15 Dollar. Das hatte für einiges Aufsehen in der Branche gesorgt. Mit einem solchen Deal in der Tasche konnte Macmillan gegenüber Amazon sich ein kompromissloses Vorgehen erlauben - der zur Holtzbrinck-Gruppe riskierte ganz einfach die Auslistung seiner Titel im Amazon-Store. Das fand dann tatsächlich statt, wenn auch nur für wenige Stunden: “Late yesterday afternoon they informed me that they were taking all our books off the Kindle site, and off Amazon”, teilte Macmillan-Chef John Sargent am Samstag der Öffentlichkeit mit - u.a. per ganzseitiger Anzeige im Magazin “Publisher’s Lunch”.

Verkehrte Welt: Gatekeeper Amazon beklagt plötzlich Macmillans “Monopol” über die eigenen Bücher

Nur einen Tag später zog Amazon zurück: “Wir haben Macmillans Vorschläge abgelehnt, und um die Ernsthaftigkeit unserer Ablehnung zu zeigen, wurde der Verkauf von Macmillan-Titeln zeitweise eingestellt”, hieß es zwar zunächst in einer Erklärung, die sich an die Kindle-Community auf Amazon.com richtete. Doch gab man dann zu: “Wir müssen letztlich aber kapitulieren und Macmillans Bedingungen akzeptieren, denn sie haben ein Monopol, was ihre eigenen Bücher betrifft, und wir möchten unseren Kunden die Titel auf jeden Fall zugänglich machen, auch wenn es zu Preisen geschieht, die wir unnötig hoch finden.” Allerdings hoffe man, dass nicht alle Verlage nun ähnliche Forderungen stellen würden.

Die Verlage sollten sich nicht täuschen: auch Apple ist ein potentieller Gatekeeper - siehe iTunes

Eins müsste den Verlagen jedoch klar sein: Apples Entscheidung, höhere Preise als Amazon zu akzeptieren, ist kein grundsätzliches Plädoyer für maximale Wertschöpfung im E-Book-Bereich. Die Bedingungen des iBooks-Deals werden von den unmittelbaren Notwendigkeiten des iPad-Launchs in zwei Monaten diktiert: Steve Jobs braucht bis dahin so viel Content wie möglich. Schließlich will man im ersten Jahr bis zu fünf Millionen iPads verkaufen. Dass man nun einen besseren Draht zu manchen Verlagen hat, ist ein angenehmer Nebeneffekt - “Die Verlage sind überhaupt nicht glücklich mit Amazon, sie halten ja ihre Bücher schon zurück”, frohlockte Jobs bereits. Wäre der iPad schon so erfolgreich wie der iPod, sähe die Sache aber wohl anders aus. Als Gatekeeper im Musikbereich hat Apple sich in der Vergangenheit nämlich genauso verhalten wie Amazon im E-Book-Sektor- und gegen die Major-Labels möglichst niedrige Einheitspreise und sogar den Verzicht auf DRM-Schutz durchgesetzt. Erst vor einem Jahr gab es ein etwas flexibleres Preismodell, dass eine Staffelung je nach Aktualität der Songs erlaubte. Die Leser müssen letztlich hoffen, dass das iPad kein Kindle-Killer wird - je mehr E-Reader auf dem Markt sind, desto mehr Wettbewerb wird stattfinden. Noch besser für den freien Wettbewerb sind natürlich Geschäftsmodelle, die keine exklusive Verbindung zwischen Reader und E-Store herstellen.

Quelle: www.e-book-news.de

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