Samstag, 4. September 2010

E-BOOK-BOOM ERST IN FÜNF JAHREN?

Auch in Deutschland, prognostiziert eine bekannte Unternehmensberatung, werden sich E-Books mit einigen Jahren Verspätung durchsetzen. Doch das mag schneller geschehen, als die Berater denken: Bisher ließen Verlage und Handel den Erfolg der E-Books nicht zu. Doch das ändert sich gerade.

Frankfurt/Main - Das E-Book wird in Deutschland nach einer Studie nur langsam zum Erfolg. Für 2015 prognostiziert die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) für das elektronische Buch in der erzählenden Literatur einen Umsatzanteil von mehr als 350 Millionen Euro (6,3 Prozent) am Buchmarkt. Im laufenden Jahr dürfte der Umsatz in dieser Gattung (Belletristik) gerade mal bei 20 Millionen Euro liegen, heißt es in der Untersuchung nach Mitteilung von PwC am Montag in Frankfurt. Das läge prozentual noch unter dem Marktanteil, den E-Books in den USA bereits 2009 erreicht hatten.

"E-Books werden sich in Deutschland durchsetzen, wenn auch langsamer als in den USA oder Großbritannien." Noch sei Lesern in Deutschland das "haptische Erlebnis" - das Gefühl, ein Buch in den Händen zu haben - ausgesprochen wichtig. Elektronische Lesegeräte würden nicht als Alternative zum gedruckten Buch akzeptiert, stellt die Studie fest.
Es fragt sich allerdings, von wem: Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Leser, die überhaupt Erfahrungen mit elektronischen Lesegeräten haben. Selbst Amazons Kindle, das weltweit führende Lesegerät, ist in Deutschland bisher nur als US-Import zu haben. Wozu sollte ein Hersteller hierzulande auch in Vorlage gehen? E-Lesegeräte verkaufen sich nur, wenn es entsprechende "Software" gibt - lesenswerte Bücher. Das entsprechende Angebot in Deutschland aber ist bisher äußerst dürftig und völlig überteuert. Attraktiv sind E-Book-Reader somit bisher nur für Leser, die vornehmlich fremdsprachige Literatur lesen.

Trotzdem entdeckt PwC - wohl auch unter dem Eindruck des Erfolges der ebenfalls as E-lesegräte qualifizierten Tablet PC wie Apples iPad - auch in Deutschland mittlerweile ein Potential: Bis 2015 könnten hierzulande demnach rund 2,5 Millionen spezialisierte E-Reader verkauft werden. Voraussetzung sei aber, dass die Reader um wichtige Funktionen wie Farbdisplay und Internetzugang ergänzt und vor allem billiger würden, glauben die Berater. Derzeit seien E-Reader noch kaum bekannt. In einer für die Studie organisierten Konsumentenumfrage unter 1000 Befragten wussten nur 20 Prozent, was mit dem Begriff gemeint ist.

Neue Geräte verlangen nach Fütterung

E-Reader seien vor allem für Vielleser gedacht, heißt es weiter. Der Massenmarkt werde voraussichtlich den Tablet-PCs gehören, die aber nicht in erster Linie fürs Lesen gedacht seien. Der deutsche Buchhandel und die Verlage sollten nach Ansicht der Untersuchung Geschäftsmodelle für das digitale Buch erarbeiten. Andernfalls drohten internationale und sogar branchenfremde "Player" wie Amazon, Google oder Apple vorbeizuziehen, heißt es in der Studie weiter.
Die tritt nun in einen Wettbewerb mit den sich verändernden Realitäten des Marktes. Soeben wurde bekannt, dass das deutsche Unternehmen Txtr für den Elektronikriesen Asus E-Book-Angebote aufsetzen wird - auch in App-Form für mobile Tablet-Geräte. Für die Ifa sind die Vorstellungen einer ganzen Reihe neuer Lesegeräte avisiert. Einige davon werden in Kooperation mit Verlagen auf den Markt gebracht, zeitgleich kündigt sich an, dass große Handelsketten ihr Angebot an E-Books deutlich vergrößern werden.

Die nächsten Schübe sind dann für die Frankfurter Buchmesse und das Weihnachtsgeschäft zu erwarten - zuerst mit "Software", den die neuen Reader verlangen nach Fütterung, und dann mit einem Schwung an neuen Tablet PC zum Jahresende. In den USA brauchte der Markt zwei Jahre, um die Größe zu erreichen, die PwC Deutschland binnen sechs Jahren zutraut - und das ohne, dass damals Tablet PC oder große, preiswerte Lesegeräte in Umlauf gewesen wären. Da scheint es nicht unmöglich, dass am Ende die Konsumenten weit weniger skeptisch mit dem Thema umgehen werden als die Markt-Auguren.

pat/dpa

Quelle: spiegel.de

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